Das Thema „Motivation“ ist ein Dauerbrenner, der durch die Corona-Krise noch einmal eine besondere Relevanz bekommen hat. Bringt eine Google-Suche für „Menschen motivieren“ rund 8,5 Mio. Treffer, sind es bei „Motivation Corona“ schon rund 68 Mio. Suchergebnisse. Klingt viel, wird aber durch ein anderes Thema noch um Längen übertroffen: „Motivation New Work“ brennt mit rund 480 Mio. Treffern bei Google offenbar sehr vielen Menschen unter den Nägeln. Da ist es natürlich naheliegend, dass sich viele Erfolgsratgeber und Seminaranbieter auf dieses Thema stürzen und einfache und plausibel klingende Antworten auf die Frage liefern: „Wie kann ich mich und andere motivieren?“ Aber ist die Frage so überhaupt richtig gestellt? Ist es überhaupt möglich, Menschen zu motivieren, also durch geschicktes Verhalten Beweggründe bei anderen hervorzurufen, die vorher nicht da waren?

Kann man Menschen überhaupt dauerhaft motivieren?

Dass sich menschliches Verhalten durch gute Inszenierungen gezielt beeinflussen lässt, haben wir alle schon erlebt, zum Beispiel bei Impulskäufen, die wir hinterher bereuten, beim Mitgrölen im Fußballstadion, obwohl wir sonst eher der ruhige Typ sind, oder auf Motivationsshows, wo wir auf den Stühlen gestanden und mit allen anderen Teilnehmern im Chor „Tschacka“ geschrien haben. Natürlich lässt sich menschliches Verhalten beeinflussen. Natürlich lassen sich auch Gefühle und Emotionen beeinflussen. Aber das hat nichts mit Motivation zu tun. Hier wird die Veränderung unseres mentalen Zustands in einer bestimmten Situation mit dauerhafter Motivation gleichgesetzt. Das hat in etwa so viel mit Motivation zu tun wie ein zweistündiger Kochkurs mit der kompletten Umstellung der persönlichen Ernährungsgewohnheiten.

Die Frage „Wie kann ich mich und andere zielgerichtet motivieren?“ ist daher falsch gestellt! Weitaus besser wäre es, zu fragen: „Welche wesentlichen Motive treiben mein Denken und Handeln und das meiner Mitmenschen an und wie können wir diese Antriebe am besten nutzen?“ Die ganze Motivationsdiskussion kann man somit auf zwei Kernfragen reduzieren: „Wie kann ich die vorhandenen individuellen Motive erkennen und abrufen?“ und „Wie kann ich Demotivation vermeiden?“ Und zwar bei uns selbst und bei anderen; denn wenn wir wirklich verstehen wollen, was diese antreibt, müssen wir zuerst unsere eigenen Motive erkennen und verstehen. Daher ist eine gute Selbstkenntnis der Schlüssel zu einem grundlegenden Verständnis unserer individuellen Motivation. Und durch eine gute Menschenkenntnis können wir lernen, auch andere, von unseren persönlichen Motiven abweichende Motive zu erkennen, anzuerkennen und zu respektieren.

Natürlich können Sie gern weiter an Motivationsveranstaltungen teilnehmen. Wenn Sie für sich persönlich Kraft aus solchen Events ziehen, ist das vollkommen okay; genau wie der Besuch eines Fußballspiels oder ein Spaziergang im Grünen oder einfach mal in Ruhe nachzudenken. Alles, was unseren individuellen Beweggründen Raum für Entfaltung gibt, erleben wir als positiv und wir schöpfen daraus Kraft.

Was aber garantiert nicht funktioniert, ist der Versuch, durch solche Veranstaltungen „aus Ackergäulen Rennpferde zu machen“. Und darüber sollten wir froh sein – oder können Sie sich vorstellen, dass Rennpferde jeden Tag stundenlang den Pflug oder einen vollgeladenen Bierwagen ziehen könnten und Ackergäule ihren Besitzern mit Highspeed auf der Rennbahn Gewinnprämien verschaffen?


Dieser Artikel ist der Auftakt einer Serie, mit der wir einen tiefen Blick in die Entstehung unserer individuellen Motive werfen werden. Weitere Teile der Blok-Serie finden Sie unter structogram.de/de/blog

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